Ich bin inzwischen Besitzer eines Gravel Bikes und da kann man sich natürlich die Frage stellen warum? Ich hab mir dazu vorab schon mehrfach Gedanken gemacht und erzähle euch mal meine Beweggründe und meine bisherigen Erfahrungen zum Thema „graveln„.
Eingangs hab ich mich natürlich gefragt, was soll denn das mit dem Hype. Es ist wieder eine Bike Nische mehr unter den eh schon vielen vorhandenen. Muss man da jetzt noch mal eine bewerben und und und. Daher hab ich im Netz begonnen zu recherchieren um dem ganzen auf den Grund zu gehen.
Beworben werden die Gravel Bikes ja als ideales Allround-Bike für Teerfahrten, Schotter-/Kieswege und teilweise sogar für Trails. Ebenfalls sind sie inzwischen sehr beliebt bei Bike-Packing Touren, da sich an den Bikes unzählige Befestigungsmöglichkeiten für Taschen usw. bieten und man so gut und gerne Mehrtages- / Mehrwochentouren bestreiten kann, ohne einen Rucksack auf dem Rücken zu haben.
Für mich ist allerdings gerade der Punkt Straße und Kies-/Schotterwege interessant, denn das ist der Punkt, warum für mich nie ein Rennrad in Frage gekommen ist. Ich fahre lieber einen kleinen Umweg, als mit dem Bike auf einer Bundesstraße oder stark befahrenen Landstraße unterwegs zu sein und mich mit anderen Auto- oder LKW-Fahrern auseinandersetzen zu müssen.
Rennrad hätte mich immer interessiert, ist aber aus den vorherigen Gründen eben nie zum Zuge gekommen und genau da kann jetzt für mich das Gravel Bike punkten.
Ich kann damit jetzt meine Touren abseits der Berge fahren, habe eine höhere Reisegeschwindigkeit und bin nicht gezwungen auf Bundesstraßen im Verkehr mit zu strampeln. Klar, das geht auch mit meinem Mountainbike. Mit den grobstolligen breiten Reifen, die ich mit geringem Luftdruck fahre und mit 160mm Federweg die eher fürs Grobe vorgesehen sind, geht das dann auf Dauer doch ganz schön in die Beine und man ist nicht ganz so flott unterwegs.
Hinzu kommt beim graveln, dass die Geometrie bei den meisten Bikes der der eines MTBs ähneln als die eines Rennrads. Somit ist ein komfortableres Fahren möglich. Das ist mir gerade auf längeren Touren dann wichtiger als das sportliche Auftreten.
An sich hatte ich keine großen Anforderungen an das Bike, da es ja mein „Zweitbike“ sein sollte. Einzig die Schaltung musste bzw. sollte in meinen Augen stimmen. An den Gravel Rädern sind sowohl 1-fach als auch 2-fach Kettenblätter zu finden. Mit 1-fach an meinem Fully bin ich super zufrieden, aber gerade beim graveln, wenn ich Meter machen möchte, viel bei mir die Wahl zur 2×11-fach Schaltung. Alles andere war mir mehr oder weniger egal, da ich ja in dem Bereich keinerlei Erfahrungen hatte. Halt. Die Rahmengröße muss natürlich noch passen. Das wars dann aber als Entscheidungsgrundlage.
Nachdem ich dann nach zweiwöchiger Suche doch noch was gefunden hatte, hab ich somit mein erstes Bike online bestellt, da die Lieferzeiten sich sonst bis ins Frühjahr 2022 gezogen hätten. Bei allen Händlern, inkl. dem meines Vertrauens wäre früher nichts möglich gewesen, aber so lange warten wollte ich definitiv nicht. Wenn was im Kopf sitzt, dann muss das auch umgesetzt werden. Auch wenn ich da schon mehrmals überlegt hatte ob ich es wirklich machen soll.
Als das Bike dann angekommen ist wurde dieses fertig montiert. Dazu kam noch die Klingel an den Lenker, der Flaschenhalter an den Rahmen, die Garmin Halterung an den Vorbau und Flatpedals an die Kurbeln. Dann noch die Sitzposition einstellen und somit stand für die erste Testfahrt nichts mehr im Wege.
Also raus auf den Hof, rauf aufs Bike und gleich mal mit den Füßen gebremst und abgestiegen. Puuh. Was für ein komisches Gefühl. Alles so wackelig und wie nehme ich den Lenker denn richtig und wo verdammt sind die Schalthebel. Also für jemanden, der noch nie auf einem Bike mit Lenkradlenker gesessen ist, ist das echt seltsam.
So hab ich dann erst nochmal den Lenker und die Griffe unter die Lupe genommen und alle technischen Raffinessen begutachtet und dann nochmal mein Glück versucht.
Dieses Mal hat es für eine Fahrt durch meinen Heimatort gereicht. Fürs erste war das dann ok. Dann bin ich mit der Familie eine kleine Runde von knapp 10 Kilometern gefahren. Etwas Asphalt, Betonplatten und Kies war an Untergründen dabei. Erster Eindruck war zufriedenstellend und gefühlt lief es schön leicht.
Am nächsten Tag war dann etwas Zeit und ich wollte es etwas ausgiebiger Testen und bin dann einfach drauflosgefahren und am Ende waren es dann etwas über 60 Kilometer, um die 400 Höhenmeter und einen Durchschnittsgeschwindigkeit von fast 26 km/h. Am Ende hatten die Beine dann allerdings nicht mehr viel Kraft und viel länger durfte die Tour nicht mehr sein, aber insgesamt ist es genau das, was ich mir erhofft hatte. Reisegeschwindigkeit erhöhen und dadurch den Tourenradius etwas erhöhen und gerade für meine Ausfahrten in der Ebene oder auf asphaltierten Straßen und festen Schotterböden genau das richtige.
Ein paar Touren sind es mittlerweile schon geworden, allerdings gibt es auf Bereiche oder Gelände, in dem ich ein Gravel Bike nicht sehe oder ich zumindest nicht fahren möchte. Zum einen sind das Trails oder grobsteinige Wege. Ich hatte bis dato eine Tour, auf der ein kurzer Abschnitt dabei war, der mit etwas gröberen Steinen und Wurzel übersäht war und dazu noch leicht feucht. Der Abschnitt war zwar fahrbar, hat aber in meinen Augen mit Spaß nichts zu tun. Da bin ich vermutlich mit meinem Fully dann doch zu verwöhnt.
Das andere sind die Berge. Klar kann ich damit auch eine Forststraße hoch pedalieren, aber man muss ja auch wieder runter. Das ist genau das, was ich aber damit nicht machen möchte. Zum einen mit den schmalen Reifen und den doch recht kleinen Scheibenbremsen ist das dann etwas, wo ich mich nicht wirklich wohlfühlen würde. Wenn ich bedenke das ich am MTB überglücklich mit meiner 203mm Bremsscheibe unterwegs bin und die Bremskraft und Dosierbarkeit so gut funktioniert wie ich es auch haben möchte und bis dato zum Glück noch nie ein Ausfall dieser hatte.
Aber für wen ist jetzt ein Gravel Bike in meinen Augen etwas?
Für Alle, die auf eine etwas schnellere Reisegeschwindigkeit Wert legen, die nicht auf stark frequentierten Straßen fahren möchten und so auch auf unbefestigte Wege ausweichen können. Für Alle, die keine Bergtouren oder schwierigeres Gelände anstreben zu fahren, denn dafür finde ich, sind die Bikes nicht ausgelegt und gemacht und es machen dann MTBs meiner Meinung nach mehr Sinn.
Zusätzlich sind sie für die Biker und Bikerinnen sinnvoll, die ihr Gepäck lieber am Bike als am Körper (Rucksack, HipBag o.ä) haben wollen. Gerade für Mehrtagestouren sind viele Anschraubmöglichkeiten für Taschen usw. am Rahmen vorhanden.
Ich hoffe ich konnte euch hier mein Gründe etwas näher bringen und vielleicht findet sich ja der Eine oder die Andere auch in der ähnlichen Situation wie ich und kann so das Tourenspektrum noch erweitern.
Euer Andy